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Die wahren Prüfsteine warten noch

Geschrieben von y4u am Dienstag, 12. April 2011
NACHGEFRAGT

HANDBALL: Interview Herbert Müller und Karsten Döring (Thüringer HC)
 
Foto: Archiv/y4uErfurt. (10.Apr.11/  Bernd Hohnstein/ Roman Knabe) Der Thüringer HC hat seine ausgegebenen Ziele erreicht und steht in Meisterschaft und im Pokal unter den besten vier Teams. Über eine super Saison des Vereins, die kommenden Ziele und die Vorbereitung der neuen Saison sprachen wir mit dem THC-Präsidenten Dr. Karsten Döring und Bundesligatrainer Herbert Müller.
 
Die Hauptrunde ist beendet. Der Thüringer HC startete vom Platz 1 in die PlayOffs und steht im FinalFour des DHB-Pokals. Wie groß war die Überraschung?
Müller: Dieses Ergebnis war so nicht zu erwarten, Teams wie Leipzig, Leverkusen oder Oldenburg waren da in einer deutlicheren Favoritenstellung. Doch die Saison ist dann so gut gelaufen, die Mannschaft hat sich in einen kleinen Rausch hineingespielt und damit frühzeitig den Anspruch auf Platz Eins angemeldet und dann schließlich auch geschafft.
Döring: Wir haben ja tief greifende Veränderungen in der Mannschaft vorgenommen, um mehr zu erreichen als in den Vorjahren. Nach mehreren Jahren, wo wir doch im hinteren Mittelfeld einkamen und 2009 ja nur durch das wirtschaftliche Ausscheiden Nürnbergs die Klasse halten konnten, wollten wir im gesicherten Platzbereich ankommen. Dass sich so schnell eine derart spielstarke Mannschaft entwickelt hat, war schon sehr positiv überraschend für mich. Wir sind allerdings auch Realisten und wissen, dass die wahren Prüfsteine in den kommenden Wochen auf Team und Trainer warten.
 
Stichwort: Dreijahresplan. Die gestellten Ziele für das Planjahr „Eins“ scheinen deutlich übererfüllt. Gehen Umfeld und Sponsorenbereich dieses rasante Tempo mit?
Döring: Erfolge überzeugen. So wie die Saison bisher gelaufen ist, fällt die Arbeit mit den bisherigen Sponsoren aber auch mit Neueinsteigern in unser Projekt durchaus erfreulicher und etwas leichter aus. Somit konnten wir die finanziellen Grundlagen für die nächste Ligasaison sichern, auch wenn noch nicht bis ins letzte Detail gewährleistet ist, dass die Anforderungen eines evtl. internationalen Wettbewerbs vollständig erfüllt werden können. Jedoch haben wir einen sehr aktiv agierenden Aufsichtsrat, der dazu bei Bedarf die entsprechenden Entscheidungen trifft.
Müller: Ich muss mich beim Vorstand, beim Aufsichtsrat, bei den Fans und bei allen Mitarbeitern die sich für das ganze Projekt täglich einbringen, bedanken. Durch die frühzeitigen Erfolge ist die Euphorie im Umfeld sehr schnell gestiegen, was mir manchmal schon fast zu schnell ging. Wichtig ist ja auch, dass wir auch in kritischen Situationen eng zusammenstehen. Solche hat es bisher noch gar nicht gegeben und ich möchte sie auch gern weit hinausschieben. Auch wenn wir jetzt die Ziele Meisterschaft und / oder Pokalsieg klar aussprechen, planen wir in kleinen Schritten. Wir stehen jetzt im Halbfinale der Meisterschaft und haben uns damit einen EC-Startplatz gesichert. Die Pflichtaufgaben sind damit erfüllt, jetzt folgt für uns hoffentlich noch eine schöne und erfolgreiche Kür.
 
Womit ist der Präsident des Thüringer HC noch nicht zufrieden?
Döring: Sorgen macht uns die Weiterentwicklung unseres Nachwuchskonzepts. Die besten Talente sollen eine bestmögliche Förderung bis zum Übergang in den Hochleistungsbereich erhalten. In den letzten 1 ½ Jahren haben wir erlebt, dass es immer schwieriger wird, die materiellen Bedingungen dafür zu schaffen bzw. Unternehmen für diese besondere Förderung zu begeistern. So hatten wir im letzten Jahr durch den Rückzug einiger Förderer Finanzlücken, die letztlich durch die THC-GmbH ausgeglichen werden mussten.
 
Wie gehen die Planungen für die Mannschaft für die kommende Saison voran?
Müller: Es werden uns Spielerinnen verlassen deren Ziele sich nicht erfüllt haben oder mit denen wir nicht optimal arbeiten konnten. Wir haben das Ziel die Leistungsstärke des Teams beizubehalten, wollen das internationale Geschäft annehmen, um zu sehen, wo wir im internationalen Maßstab stehen. Wir sehen es dabei als eine ganz wichtige Aufgabe an, Shenia Minevskaja aus dem eigenen Nachwuchs fest im Erstligakader zu integrieren. Dinah Eckerle, die im letzten Jahr eine tolle Entwicklung genommen hat, wird sobald sie 16 Jahre alt ist, im Erstligateam intensiver mittrainieren. Da beziehe ich auch noch weitere Mädchen aus der jetzigen B-Jugend mit ein, die sich ja auch mit der DHB-Jugendnationalmannschaft auf internationalem Parkett bewährt haben.
Döring: Es gab mehrere gute Gespräche mit potenziellen Neuzugängen. Ich bleibe aus gutem Grund dabei: „Wir geben Namen dann bekannt, wenn die Verträge unterschrieben sind.“
 
Die Lizenzunterlagen sind eingereicht. Wie ist die materielle Basis für die kommende Saison?
Döring: Die Bundesligasaison ist finanziell abgesichert. Spiele im internationalen Wettbewerb bringen da natürlich deutlich erhöhte finanzielle Anforderungen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das für mich noch sehr schwer zu kalkulieren – also noch eine unbekannte Variable X. Viel wird davon abhängen, welche Hallen zu welchen Konditionen genutzt werden können. Dazu sind wir in intensiven Gesprächen mit den Verantwortlichen der Städte Erfurt und Bad Langensalza aber auch mit der Landesregierung bzw. mit der Messe AG. Wir planen solide, sind uns aber auch bewusst, dass vieles davon abhängt, ob die starken Stützen des Sponsorings weiter tragen. Wie schnell es dabei zu Problemen kommen kann, zeigt nicht zuletzt die aktuelle Situation beim VfL Oldenburg. Vor so einer Entwicklung ist niemand gefeit und wir wollen im mittleren Sponsorenbereich noch aktiver werden, um gegen evtl. Probleme besser gerüstet zu sein. Wir freuen uns mit dem VfL, dass es gelungen ist, die Lizenz für die neue Saison zu erhalten.
 
Die erste „Müller-Saison beim THC nähert sich dem Ende. Welche Höhepunkte, welche Tiefpunkte dominieren die Sicht zurück?
Müller: Es gab für mich viele positive Überraschungen im sportlichen, aber auch im menschlichen Bereich. Einerseits sind sehr schnell Freundschaften herangewachsen, die Fans haben eine solche Euphorie entfacht, aber auch die Menschen hier in Thüringen haben mich sehr positiv überrascht. Ob es ein Ämtergang war oder auch der tägliche Umgang miteinander – das alles hat mit dazu beigetragen, dass das ganze Projekt sich viel schneller als erwartet, entwickelt hat. Negativ war die anfängliche Resonanz aus der Liga. Hier gab es Reaktionen, die weit unter der Gürtellinie, unfair und gesteuert waren. Diese Intrigen gegen einen Verein, der sich bisher nichts zu Schulden kommen lassen hat, waren für mich unverständlich und haben nicht nur mich schwer enttäuscht.
Döring: Wir sollten uns wieder auf das Wesentliche konzentrieren, auf die positive Entwicklung des deutschen Frauenhandballs und die optimale Förderung des Handballnachwuchses. Ich möchte hier betonen: „Wir möchten ernst genommen und fair behandelt werden, sind aber auch jederzeit zur Mitarbeit und Unterstützung der HBF bzw. des DHB bereit.“
 
Ein häufiger Trainersatz in dieser Saison lautet: "Wir müssen auf uns schauen". Das könnte zu dem Schluss führen, Herbert Müller hält nicht viel von Videoanalyse?
Müller: Wenn man gesehen hat, wie wir speziell in der Rückrunde gespielt haben, wie souverän wir durch diese ganzen schweren Spiele gekommen sind und zuletzt diese Hauptrunde dominiert haben, dann leuchtet es doch ein, wenn ich sage: „Hallo, lasst uns auf uns gucken. Wenn unsere Leistung stimmt, schlagen wir jeden.“ Auf der anderen Seite ist es aber unentbehrlich, dass man sich auf jeden Gegner sehr intensiv mit der Videoanalyse vorbereiten muss. Wir zollen da jedem Gegner Respekt, egal ob Leipzig oder Bietigheim. Bei der Ausgeglichenheit in der Liga ist Videoanalyse unerlässlich.
 
Man könnte meinen, das Angriffsspiel des THC sei leicht ausrechenbar. Würdest Du zustimmen, dass die wenigsten Tore aus gruppen- oder mannschaftstaktischen Aktionen erzielt werden?
Müller: Für mich beginnt das Spiel mit einer sehr aggressiven, soliden Abwehr. Wenn diese steht, kann man sich durch das Tempospiel das Leben leicht machen, und kommt man zu den einfachen Toren. Wir haben aber ausreichende Möglichkeiten in der Kleingruppe und im Mannschaftsverband trainiert, wenn das schnelle Spiel nicht greift. Und da haben wir sowohl taktische Spielzüge für die Werferinnen als auch für die Kreisspielerinnen parat.
 
Mit Lisa Friedrich verlässt ein Eigengewächs den THC und geht nach Bietigheim in die zweite Liga. Wie hat der Bundesligatrainer mit dem „Nebenjob“ des Nationalcoachs Österreichs diese Schnittstelle im Blick?
Müller: Hier stellt mein Bruder Helfried das Bindeglied zwischen der 1. Damenmannschaft und allen Nachwuchsmannschaften dar – auch zur zweiten Mannschaft. Wir müssen begreifen, dass die Spielerinnen dort spielen, wo sie leistungsmäßig auch hingehören. Im Fall von Lisa Friedrich ist es momentan genau die 2. Liga, wofür sie sich ja auch entschieden hat. Sie hat aus diesem Grund bei uns auch noch kein Vertragsangebot für die ersten Mannschaft bekommen. Ihre Entwicklung ist sicher noch nicht abgeschlossen und es gibt immer auch einen Weg zurück. Das ändert nichts an dem Grundsatz, dass wir sehr viel dafür tun wollen, um unsere eigenen Talente auch bei uns zu behalten.
Döring: Wir haben Lisa zwar kein Vertragsangebot machen können, aber ihr doch Möglichkeiten der Übergangsförderung unterbreitet. Aber hier war wohl das sportliche und berufliche Angebot von Bietigheim passender für sie. Wir wünschen Lisa für ihren weiteren Weg alles Gute, unsere Tore stehen für sie allerdings immer offen.
 
Nadja Nadgornaja und Kerstin Wohlbold wurden vom neuen Bundestrainer für das aktuelle 20er Aufgebot des Nationalteams berufen. Wie sehr erfreut das den Präsidenten und den Vereinstrainer?
Müller: Kerstin hat schon längere Zeit das Leistungsniveau um in der Nationalmannschaft zu spielen. Wir haben sie als gesetzte Führungsspielerin zum THC geholt und hier hat sie die Anforderungen in vielen Spielen hervorragend erfüllt. Die Entwicklung Nadja Nadgornajas freut mich ganz besonders. Sie hat auf ihrer Position die größte Konkurrenz. Es war nicht abzusehen, dass sie sich so klar gegen Steffi Subke und Pearl van der Wissel, beide mit viel internationaler Erfahrung, durchsetzen kann. Sie hat in diesem Jahr einen großen Schritt gemacht und die Berufung ist der verdiente Lohn dafür.
Döring: Es ist für uns besonders erfreulich, dass Nadjas Leistungssprung hier bei uns erfolgt ist. Es ist gewissermaßen auch eine Bestätigung des konzeptionellen Arbeitens von Herbert Müller. Für mich stellt die Berufung Kerstin Wohlbolds eine hochverdiente Anerkennung ihrer über Jahre gezeigten Leistungen dar. Mit den im Juniorennationalteam gezeigten Leistungen klopft hoffentlich auch Shenia Minevskaja demnächst an diese Tür. Es macht mich stolz, wenn wir als Thüringer HC vielleicht zwei stabile Nationalkader für eine starke Nationalmannschaft stellen können. Auch das ist ein Ziel unserer aller Arbeit.
 
Der PlayOff-Modus in der vorliegenden Form ist umstritten und wird wohl auch von bestimmten Bedingungen der Teams abhängig - geliebt oder gehasst. Wie erleben Sie diese Phase?
Müller: Ich werde jetzt nicht mehr über den Modus diskutieren. Wir sind mitten drin und nur wer seine drei Doppelspiele erfolgreich beenden kann, wird Meister. So ist die Regelung und wir stellen uns. Alle acht Mannschaften starten bei Null. Der Focus liegt jetzt nur noch auf der Meisterschaft. Der Wegfall der Mehrfachbelastung von Spitzenspielern (Bundesliga, EC und Nationalteam) macht mit Sicherheit neue Kräfte frei. Jedes Team wird mit dem Ziel, über die eigenen Grenzen hinauszugehen, antreten. Wir haben das beim 25:25 in Blomberg deutlich gespürt. Ich habe die feste Hoffnung, dass in den kommenden Spielen ALLE im Team noch einmal an ihre Leistungsgrenzen gehen werden, um eine bisher tolle Saison auch mit „Vorzeigbarem“ zu beenden.
 
Sindelfingen und Blomberg als Siebenter und Achter der Hauptrunde haben sich im Viertelfinale hervorragend geschlagen und erst in der Schlussphase der 120 PlayOff-Minuten die Schlacht verloren. Ist diese Liga international betrachtet stark oder nur ausgeglichen?
Müller: Ich meine, sie ist beides. Leipzig gehört zu den besten acht Teams Europas, Oldenburg ist immer noch im europäischen Wettbewerb, auch Blomberg war lange dabei. Das zeigt, dass sich die deutschen Teams in den europäischen Wettbewerben etabliert haben. Die Liga ist so ausgeglichen wie noch nie und ich bin davon überzeugt, dass es die eine oder andere Überraschung geben wird. Aus meiner Sicht werden nicht die ersten Vier der Hauptrunde auch die letzten Vier in der Meisterschaft sein.


10.Apr.11 /  Bernd Hohnstein / Roman Knabe

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