Tanz um das goldene Kalb
Geschrieben von
y4u am
Montag, 13. Juni 2016
FUSSBALL: Alti’s
EM-Tagebuch France 3
Erfurt. (12.Jun.16) Ein Sieg im Auftaktspiel, was will man mehr.
Fußball-Deutschland lehnt sich selbstzufrieden zurück. Doch unser
EM-Experte hat wieder einmal genauer hingeschaut. Jörg Altenfelder,
Spieler und Trainer rundum Erfurt, schreibt über seine Eindrücke in
Alti’s EM-Tagebuch France …
Das
ganze Jahr Fußball, quasi bis zum Abwinken, das ist bei dieser
Europameisterschaft natürlich nicht anders. Jeden Tag kann man die
Spiele rund um die Uhr live, als Aufzeichnung oder Wiederholung im
Fernsehen, Internet oder anderswo verfolgen. Dazu gibt es jede Menge
Analysen, Hintergrundberichte und Vorschauen, selbstverständlich
auch überall und zu jeder Zeit. Willkommen im Medien-Zeitalter! Aber
ist das eigentlich noch gesund? Natürlich nicht, aber heutzutage
wird eben leider alles maßlos übertrieben. Und um was geht es dabei
eigentlich immer? Na klar, um´s Geld! Wegen seiner Popularität
spielt der Fußball eine besonders wichtige Rolle. Das hat auch die
UEFA erkannt und sich einst gefragt, wie man die Kuh noch besser
melken kann. Den Herren kam dann auch schnell die goldene Idee:
Stocken wir doch einfach das Teilnehmerfeld der EM etwas auf, das
spült uns noch ein paar Millionen mehr in die Kasse. Und wenn jemand
kritisiert, dass das sportlich eigentlich gar keinen Sinn macht,
weisen wir das empört zurück und sagen ihm ganz schlau, dass wir
auch den kleinen Verbänden die Möglichkeit geben wollen, sich für
eine internationale Meisterschaft zu qualifizieren. Wunderbar, wie
das System funktioniert.
Auch
auf dem Spielfeld kommt es auf ein gewinnbringendes System an. Dass
das allein aber nicht reichen würde, um die deutsche Mannschaft in
die Knie zu zwingen, das wussten die Ukrainer genau. Deshalb
erstarrten sie auch nicht in ihrer tiefstehenden Defensive, sondern
versuchten selbst Akzente zu setzen. Vor allem in der ersten Halbzeit
brachten sie unsere Mannschaft des öfteren in Verlegenheit, konnten
den besten Torhüter der Welt letztlich jedoch nicht überwinden.
Alles in allem war es ein jederzeit verdienter Pflichtsieg für
Deutschland. Manuel Neuer, Sami Khedira und Toni Kroos verdienten
sich die besten Noten. Shkodran Mustafi schoss sein erstes
Länderspieltor und Bastian Schweinsteiger feierte ein ebenso
treffsicheres Comeback. Mario Götze hatte indes nur wenig Bindung
zum Spiel. Gegen die hochgewachsene Verteidigung der Ukrainer wäre
ein im Luftkampf ebenbürtiger Mario Gomez da wohl wirkungsvoller
gewesen. Solche Entscheidungen obliegen aber dem Bundestrainer, der
demonstrativ und kaugummikauend Ruhe und Abgeklärtheit ausstrahlt.
Bis auf das Kaugummi kann er am Donnerstag gegen die Polen gern alles
so beibehalten ...
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12.Jun.16 / Jörg Altenfelder - Foto: Trautvetter