Es kommt nicht nur auf die Tore an
Geschrieben von
y4u am
Dienstag, 23. November 2010
HANDBALL: Interview Shenia Minevskaja (Thüringer HC)
Erfurt. (21.Nov.10/ Bernd Hohnstein) Dauerdruck! Shenia Minevskaja weilte zum Lehrgang der Juniorenauswahl. Kaum zurück, stand das Spiel der "Zweiten" am Samstag in Luxemburg an. Wir nutzten die Chance, zu einem Kurzinterview und baten Shenia, deren vollständiger Vorname Evgenija lautet, auf ein Wort.
Man kann ja von erfolgreichen Eltern einiges erben, manches sieht man sich auch ab. Welche Stärken Deiner Eltern hast Du Dir angeeignet?
Bewusst angeeignet hab ich nichts. Zu ihren sportlichen Glanzzeiten war ich noch zu jung. Manchmal bedaure ich es schon, dass ich beide nie als Leistungssportler bei internationalen Wettkämpfen habe spielen sehen.
Welche Eigenschaften Deiner Eltern erkennst Du bei Dir?
Ich meine, von Papa hab ich die Dickköpfigkeit und von Mutti eher das Nette und den Helferinstinkt.
Du bist jetzt fünf Jahre beim Thüringer HC. Vermisst Du manchmal die Ostsee oder Freunde aus der Jugendzeit?
Natürlich vermisse ich meine Freunde aus dieser Zeit. Nach Trier habe ich nur noch zu einer Familie und gelegentlich zu Lisa Schenk Kontakt. In Rostock habe ich noch einen guten Kontakt zu meinem Patenonkel und einer Freundin.
Hast Du neben der Bundesliga, den Spielen in der zweiten Mannschaft, den Lehrgängen und Spielen in der Juniorinnennationalmannschaft überhaupt noch Zeit für Hobbys?
Nur zum Musik hören. Durch den Sport und die Schule bleibt wenig Zeit für andere Dinge. Ich habe mich selbst für diesen Weg entschieden und nehme deshalb gern in Kauf, dass andere Dinge einfach zurückstehen müssen.
Bei Fototerminen greifst du gern mal zu den Kameras der Fotografen. Wäre da vielleicht der Sportfotograf ein Berufsziel für Dich?
Nein, auch wenn mir das Fotografieren viel Spaß macht. Ich möchte gern Grundschullehrerin werden. In 1 ½ Jahren mache ich erst mein Abitur und bis dahin kann sich das auch nochmal ändern.
Wo liegt für Dich der wichtigste Unterschied zwischen Kurzeinsätzen im Bundesligateam oder dem "Vollzeitjob" in der Zweiten mit z.B. zehn erzielten Treffern?
In der 3. Liga muss ich Verantwortung übernehmen und das Spiel leiten und lenken. In der Bundesliga bin ich eher die, die leichte Tore macht und mitspielt.
Wie schaffst Du es, bei einer so hohen sportliche Belastung, auch noch in der Schule "top" zu sein?
Ich merke, wenn ich in der Schule nachlasse. Dann lässt bei mir auch die sportliche Leistung nach. Ich bin zwar nicht die "Einser-Schülerin" - aber eine Zwei strebe ich schon immer an. Ich gehe frühestens nachts halb zwölf ins Bett. Nach dem Training muss ich ja noch was essen und dann mache ich die Hausaufgaben und lerne. Oft wird es auch noch später.
Was kannst Du Nachwuchspielerinnen raten, die Dir nacheifern wollen?
Das Erste, was mir Mama beigebracht hat und was ich selbst weitergeben kann, ist, dass es nicht allein auf die geworfenen Tore ankommt. Aktiv am Spiel beteiligt zu sein, Lücken für Mitspielerinnen zu schaffen oder gute Pässe zum Torerfolg zu geben ist mindestens genauso wichtig. Man sollte auch frühzeitig erkennen, dass Handball nicht nur aus Angriffsaktionen besteht. Auch wenn es oft nicht so wahrgenommen wird - ohne gute Abwehrarbeit sind Spiele schwer zu gewinnen. Trotz aller sportlichen Ziele und Belastungen darf man schulisch nicht nachlassen.
Du bist ja eine der ersten, die vom Sportstipendium des Thüringer HC profitieren konnte. Worin siehst du die Vorteile?
Ich musste mich um finanzielle Dinge nicht kümmern. Das war für mich eine große Stütze und woanders gibt es solche Stipendien nicht. Man kann sich leistungssportlich weiterentwickeln, bekommt das Internat bezahlt und hat eine super Verknüpfung zur Schule.
Gab es bei Dir auch Gedanken, Deine Laufbahn bei einem anderen Verein fortzusetzen?
Die Mannschaft hat mich sehr gut aufgenommen, ich fühle mich akzeptiert. Es macht mir nichts aus, als Jüngste im Team auch der "Wasserträger" zu sein. Insgesamt gab für mich den Ausschlag, dass es im Verein trotz der hoch gesteckten Ziele familiär zu geht. Ich denke, dass meine Familie, der Trainer und die erfahrenen Spielerinnen für mich optimale Entwicklungsbedingungen bieten.
21.Nov.10 / Bernd Hohnstein